Kinder erziehen ohne schimpfen – geht das?

Bin ich eine schlechte Mutter, weil ich hin und wieder schimpfe? Geht Erziehen ohne schimpfen?

Das Gefühl kennt sicher jeder, der kleine Kinder hat. Hin und wieder reizen die lieben Kleinen uns so lange, bis wir dann doch laut werden. Anschliessend haben wir dann ein schlechtes Gewissen. Kinder testen ihre Grenzen aus und in manchen Situationen sind diese bei uns Eltern schnell überschritten. Aber was bringt es uns, wenn wir unsere Kinder unkontrolliert anschreien? Die Antwort ist ganz einfach: Gar nichts. Wir lassen zwar Dampf ab, aber im selben Moment haben wir enorme Schuldgefühle gegenüber unseren Kleinen. Natürlich sind wir nicht gleich schlechte Eltern, weil wir mal laut werden – aber es geht tatsächlich besser.

Der erste Schritt zur Besserung – darüber nachzudenken, was verändert werden kann

Wenn Sie selber darüber nachdenken, ob und wie oft Sie mit Ihrem Kind schimpfen und es vielleicht sogar anschreien, ist das schon einmal ein Schritt in die richtige Richtung. Natürlich gibt es Situationen, in denen wir als Eltern schlicht und einfach überfordert sind und die Nerven mit uns durchgehen. Hier sollten wir allerdings ansetzen.

Bevor wir uns zu einer Schimpfkanonade hinreissen lassen heisst es: Durchatmen. Einfach nicht unkontrolliert losbrüllen, sondern sich selber zurücknehmen und tief einatmen. Wie bei einer guten Meditation.

Nach einem kleinen Moment des Innehaltens sieht die Situation meistens schon gar nicht mehr so schlimm aus, wie im ersten Augenblick gedacht. Tiefe Atmung beruhigt Sie selber und Sie können mit dem vermeintlichen Fehler Ihres Kindes ganz anders umgehen.

Bedenken Sie auch immer, dass Sie hier gegenüber den Kleinen Macht ausüben. Ihr Kind sollte lernen, dass es unfair ist, wenn grössere und stärkere Menschen ihre Überlegenheit ausspielen.

Das gelingt aber nur, wenn Sie sich mit Ihrem Kind auf Augenhöhe treffen. Atmen Sie also ein und überbringen Sie dann in ganz ruhigem Ton Ihre Botschaft. Das kann sein, dass Ihr Kind ein wenig Ordnung schaffen soll, oder dass es beim Essen nicht aufstehen und herumrennen sollte.

Tipp: Mit eigener Ruhe erreichen Sie Ihr Ziel deutlich leichter, denn die ganze Situation schaukelt sich nicht so sehr hoch. Wenn Sie laut werden, wird Ihr Kind ebenfalls laut – und schon ist eine enorme Stresssituation da.

Ein Alltag ohne lautes Schimpfen – wie lässt sich das erreichen?

Eine Erziehung ganz ohne auch mal etwas zu rügen ist sehr schwer. Wenn Sie als Mutter oder Vater sich in diesem Moment selbst in einer nervlich angespannten Situation befinden, kann das sehr schnell in lautes Schimpfen ausarten. Das ist durchaus nachvollziehbar – verbessert die Situation allerdings in keiner Weise. Zum einen fühlen Sie sich selber schlecht nach Ihrer Schimpftirade und zum zweiten lassen Sie Ihr Kind in dieser Situation Ihre eigene Hilflosigkeit spüren.

Ihr Kind wird das auch spüren und möglicherweise verängstigt darauf reagieren. Zudem machen Sie sich auf diese Weise sehr angreifbar. Wenn Ihr Kind spürt, wie leicht es Sie an das Ende Ihrer Geduld bringen kann, fühlt es sich Ihnen gegenüber stark.

Es bekommt eine gewisse Machtposition und wird diese sicherlich auch gerne ausnutzen. Auf diese Weise ist absolut keine Entspannung in Sicht. Im Gegenteil, derartige Situationen werden immer wiederkehren – damit ist keinem geholfen, Ihrem Kind nicht und Ihnen noch viel weniger.

Lautes Schreien und Schimpfen ist also immer ein Zeichen von Hilflosigkeit. Wenn es häufig zu solchen Situationen kommt, sollten Sie sich ein Konzept überlegen, wie diese Art von Stresssituationen verhindert werden können.

Am besten ist eine häufige und intensive Kommunikation mit Ihrem Kind. Reden hilft! Erklären Sie Ihrem Kind genau, was Sie wann von ihm erwarten. Treffen Sie keine schwammigen Aussagen. Wenn Ihr Kind weiss, wie es sich verhalten soll kann es dieses viel leichter nachvollziehen und Ihre Erwartungen auch tatsächlich erfüllen.

Bevor Sie zum Beispiel mit Ihrem Kind in die Stadt gehen, erklären Sie ihm, dass dort viel Strassenverkehr herrscht. Sagen Sie ihm, dass es gefährlich ist, unkontrolliert auf die Strasse zu laufen und weisen Sie auf die entsprechenden Fussgängerampeln deutlich hin.

Es macht den meisten Kindern sehr viel Freude, den Knopf der Ampel zu bedienen und auf das „grüne Männchen“ zu warten. Auf diese Weise weiss Ihr Kind, was Sie von ihm erwarten und Sie haben schon im Vorfeld eine mögliche stressige Situation ausgeschaltet.

Es lohnt sich, dass Sie sich die Zeit nehmen, mit Ihrem Kind zu sprechen!

Schimpfen ja – schreien nein?

Schimpfen muss nicht immer gleichbedeutend sein mit lautem Schreien. Wenn Ihr Kind mit seinem Laufrad einfach auf die Strasse fährt ohne rechts und links zu schauen, dann ist es durchaus nachvollziehbar, dass Sie mit dem Kind schimpfen.

Deutliche Worte sind in dem Fall einfach erforderlich und nachvollziehbar. Dennoch müssen Sie Ihr Kind nicht laut anschreien. Sie können mit ruhigen Worten aber einem strengeren Tonfall darauf hinweisen, dass Ihr Kind sich so in Gefahr gebracht hat.

Schreien ist in diesem Moment völlig sinnlos und bewirkt eher das Gegenteil. Schreien Sie Ihr Kind auf offener Straße laut an, wird es völlig auf Durchzug schalten und überhaupt nicht darauf achten, welche Botschaft Sie ihm vermitteln möchten.

So ist hier der kleine feine Unterschied zwischen schimpfen und schreien sehr wichtig und von großer Bedeutung. Es gibt ein Sprichwort das lautet: „Wer schreit hat Unrecht“. In diesem kleinen Satz steckt sehr viel Wahrheit. Gut gewählte eindringliche Worte bewirken sehr viel mehr als lautes Schreien.

Ein paar nützliche Tipps für einen Alltag ohne schimpfen

  • Entschärfen Sie selber eine vermeintlich stressige Situation durch eigene Ruhe
  • Atmen Sie tief ein und verschaffen Sie sich einen Moment Abstand
  • Kommunizieren Sie mit Ihrem Kind
  • Planen Sie Ihren Alltag besser und lassen Sie Ihr Kind an den Planungen teilhaben
  • Lassen Sie sich nicht provozieren – Kinder testen ihre Grenzen, das ist völlig normal

 

Mit einigen wenigen Änderungen lässt sich ein Alltag ohne lautstarke Auseinandersetzungen erleben.

Gegenseitiges Verständnis kann nur entstehen, wenn Sie Ihr Kind ernst nehmen und andersherum. Ihr Kind weiss dann, was Sie von ihm erwarten.

Probieren Sie, diese kleinen Tipps zu beachten und schauen Sie mal, was sich daraufhin in Ihrem Alltag verändert. Sie werden von einem entspannten Alltag ohne schimpfen und lautstarkem Schreien ebenso profitieren wie Ihre Kinder.

 

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